Galway
Gute Laune, Musik und Meer
Galway ist eine wahre Frohnatur und für viele so irisch wie keine andere Stadt in Irland. 2020 trug sie zudem einen Titel: europäische Kulturhauptstadt – wie schon zuvor Dublin und Cork. Eine Auszeichnung verdienen aber auch Irlands Landschaften!
«Isn’t it a nice day?» So manchen Smalltalk beginnen die stets zu einem kleinen Schwatz aufgelegenen Iren mit dieser Frage – selbst an wolkenverhangenen Tagen. Dies bringt nicht nur ihre Resistenz in punkto Wetter zum Ausdruck, sondern verrät auch viel über die irische Mentalität. Denn das sonnige Gemüt der Insulaner lässt sich nicht so leicht trüben, wodurch sich Reisende in Irland auf Anhieb wohl und willkommen fühlen. Mehr noch: Die gute Laune der Iren wirkt ansteckend.
Dies gilt insbesondere für die in der Mitte des «Wild Atlantic Way» gelegene westirische Küstenstadt Galway: Farbenfroh angestrichene Pubs reihen sich an Musikkneipen, aus denen bereits am Nachmittag irische Live-Musik dringt und in den von kleinen Geschäften gesäumten Kopfsteinpflaster-Gassen wird flaniert, musiziert und jongliert. «Galway is craic!» «Craic» bedeutet auf Gälisch so viel wie «Spass und Unterhaltung» und der gängigen Meinung der lokalen Bevölkerung ist nichts entgegenzusetzen – selbst, wenn es regnet.
Umso gemütlicher ist es dann im Pub – eine soziale und kulturelle Institution Irlands. Und ein Spaziergang auf der Salthill-Promenade zur Atlantikküste hat mit der richtigen Kleidung bei jedem Wetter seinen Reiz.
Kultureller Ritterschlag
Wie das «Pint» nach Feierabend gehört die Kultur zu Galway. Und das Kulturleben der gut 80‘000 Einwohner zählenden Universitätsstadt ist bei weitem nicht nur Museen, Konzertsälen und Theatern vorbehalten. In Galway geschieht Kultur oft auch «outdoor»; wie in der am Ostufer des Corrib-River gelegenen Altstadt. Diese verwandelt sich vor allem im Sommer zu einer einzigen Freiluftbühne, wo sich Musiker, Gaukler, Puppen- und Schauspieler in Szene setzten.
Ausserdem ist in der künstlerisch-kreativen Stadt Kultur ein Gut für jedermann. Dies zeigt sich auch an ihrer grossen Bandbreite an Festivals, bei denen Cineasten, Pferdesportbegeisterte, Kunst- und Austernliebhaber sowie viele weitere Interessensgruppen auf ihre Kosten kommen. Argumente, die für einen Besuch sprechen, gibt es demnach viele.
Ein weiterer Grund kam im Jahr 2020 dazu: Galway war Kulturhauptstadt Europas. Als solche rücken jeweils zwei europäische Städte ihr Kulturleben und -erbe ins Rampenlicht und präsentieren ein auf ein Jahr ausgelegtes Kulturprogramm. Die von der EU ins Leben gerufene Initiative fördert einerseits die kulturelle Vielfalt Europas, anderseits setzt die Titelvergabe nicht selten einen wahren Investitions-Reigen in Gang, wodurch das kulturelle Förderprogramm auch die Stadtentwicklung der Austragungsorte voranbringt.
Aufgrund der Corona-Krise mussten leider bereits kurz nach der Eröffnungszeremonie im Februar 2020 zahlreiche Veranstaltungen storniert oder verschoben werden. Nun darf Galway seinen Titel bis Ende April 2021 behalten. Ob ausgefallene Events nachgeholt werden können, steht zwar noch in den Sternen. Sicher ist jedoch, dass diverse innovative Projekte online stattfinden und zu einer virtuellen Kulturreise auf die Grüne Insel einladen.
Darbietung am Galway Arts Festival
Die offizielle und die wahre Hauptstadt
Europäische Kulturhauptstadt durften sich bereits zwei weitere irische Städte nennen: Dublin und Cork. Auch diese nehmen den Besucher im Handumdrehen von sich ein. Die Hauptstadt schafft das mit dem Kulturangebot einer Kapitale und der Bodenständigkeit einer Kleinstadt. Dank ihrem georgianischen Stadtbild begeistert Dublin aber auch optisch.
Doch auch Cork, die zweitgrösste Stadt des Landes, ist alles andere als zweite Wahl. Die Iren – zumindest jene ausserhalb Dublins – nennen sie gar «the real capital» – die wahre Hauptstadt. Und für «Corkonianer» ist ihre Stadt schlicht die schönste der Welt. Eine Bewertung, die demnach nicht über alle Zweifel erhaben ist. Doch wer die lässige, auf einer Flussinsel liegende «feel-good city» schon erlebt hat, der kann deren Zuneigung zumindest nachvollziehen.
Ha’penny Brücke in Dublin
Insel der vierzig Grüntöne und Regenbögen
So einnehmend die drei Städte auch sind, bei Reisenden brennen sich vielfach Irlands Landschaften ins Gedächtnis: windumtoste Klippen, Hochmoore, Karstlandschaften und saftig grüne Wiesen soweit das Auge reicht. Wer die Grüne Insel bereist, merkt daher rasch, dass die oft besungenen «forty shades of green» – die vierzig Grün-Schattierungen – nicht bloss ein Klischee sind. Deren Preis: regelmässige Niederschläge. In Anbetracht des Ergebnisses sind die Iren jedoch gerne bereit, diesen zu zahlen. Zumal sich der Regen oft genau so schnell verzieht, wie er gekommen ist. Und wenn sich die Sonnenstrahlen wieder durch die Wolken bahnen und die Regentropfen auf dem Gras wie Perlen zum Funkeln bringen, wirkt die ganze Szenerie noch bezaubernder.
Der rasche Wechsel von Regen und Sonne macht Irland zudem zur Insel der Regenbögen. Demnach dürfte das Land mindestens so viele Naturliebhaber wie Kulturinteressierte anziehen. Oft führt das Inselreich die beiden Interessensgruppen auch zusammen, da sich Schlösser, prähistorische Kultstätten und andere Kulturdenkmäler in die malerischen Landschaftskulissen einfügen, als würden sie eins mit der Natur werden wollen.
Kultur und Natur ergänzen sich auch auf unserer Rundreise: Ein Reiseerlebnis, das nicht nur mit Irlands Höhepunkten aufwartet, sondern auch Land und Leute wie ein Querschnitt abbildet.
Regenbogen in Kerry